Welche digitalen Testverfahren helfen bei Autismus-Diagnosen und wie erleichtern Online-Inhalte die Behandlungsprozesse?
Autismus-Spektrum-Störungen stellen Betroffene, Angehörige, aber auch Ärzte, Therapeuten und Betreuer vor besondere Herausforderungen. Denn im Gegensatz zu vielen psychischen Erkrankungen ist nicht der Abbau der Symptomatik das Ziel begleitender Behandlungen, Therapeuten erarbeiten stattdessen mit Betroffenen und ihren Angehörigen einen möglichst guten Umgang mit den Auswirkungen der Störungen.
Da dies eine sehr besondere Ausgangssituation für das therapeutische Setting bedeutet, ist es wichtig, Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen zuverlässig zu identifizieren. Wir haben daher unsere digitalen Testverfahren, die Ihnen als Therapeut oder behandelndem Arzt die Diagnostik erleichtern, zusammengestellt. Außerdem erläutern wir, wie Tagebücher, Online-Behandlungsmodule und psychotherapeutische Übungen den Behandlungsprozess sowie die Angehörigenarbeit sinnvoll ergänzen.
Welche digitalen Testverfahren unterstützen den Diagnoseprozess?
Es gibt eine ganze Reihe an psychologischen Tests, die Aussagen darüber erlauben, wie das individuelle Störungsbild sich bei Ihren Patienten äußert. Zunächst wenden wir uns dabei den Erwachsenen zu:
In den vergangenen Jahrzenten hat die Autismusforschung große Fortschritte erzielt. So lassen sich insbesondere heute auch Menschen identifizieren, deren Symptomatik eher leichtere Formen der einzelnen Störungsbilder betrifft und sich etwa durch eine normale Sprachentwicklung erst im Jugend- oder Erwachsenenalter in ihrer Gänze offenbart.
Zur telemedizinischen Elaboration der individuellen Symptomatik eignen sich folgende Fragebögen: Autismusquotient (AQ), Empathiequotient (EQ) und Systematisierungsquotient (SQ-R) sowie das Emotional-Intelligence-Inventar (EI4). Zwar lassen sich alleine auf Grundlage einzelner Fragebögen nicht valide Diagnosen stellen, sie liefern jedoch Anhaltspunkte für weitere diagnostische Schritte, die oft auch die Zusammenarbeit verschiedener Professionen erfordern.
Welche diagnostischen Online-Tools gibt es im Kinder- und Jugendbereich?
Da sich die Diagnosestellung bei Kindern eher mittelbar durch die Befragung von Eltern und Fachkräften ergibt, sind für die verschiedenen Altersgruppen unterschiedliche psychometrische Fragebögen anwendbar. Einige davon fragen Symptome aus dem Autismusspektrum nur als einen Teilaspekt ab. Darunter fallen etwa sämtliche Fragebögen für Eltern anlässlich der verpflichtenden kinderärztlichen U-Untersuchungen (EEE U6-U9). Sie bieten pädiatrischen Praxen die Möglichkeit, diese telemedizinischen Instrumente den Eltern digital zur Verfügung zu stellen. So können sich Familien der Beantwortung der Fragen ganz in Ruhe und vor allem gemeinsam widmen. Auch die Fragebögen zum kindlichen Verhalten (CBCL 6-18R), zu Stärken und Schwächen (SDQ) für unterschiedliche Altersgruppen sowie Fremdberichtsfragebögen durch Fachkräfte in der Frühpädagogik (C-TRF) und Lehrkräfte (TRF 6-18) halten einige Frage-Items zu autismusspezifischen Symptomen bereit.
Da Autismus-Spektrum-Störungen zu den tiefgreifendsten Entwicklungsstörungen zählen, gibt es selbstverständlich auch Fragebögen, die sich nur diesem Thema widmen und das Störungsbild wesentlich umfassender abklären. Zu diesen gehören der Autismusquotient (AQ-C), Empathiequotient (EQ) und der Systematisierungsquotient (SQ).
Wie können Behandelnde Angehörige mit digitalen Instrumenten unterstützen?
Von den Auswirkungen einer Autismus-Spektrum-Störung ist immer auch das familiäre und soziale Umfeld betroffen. Gerade im Kinder- und Jugendbereich können Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen durch Übungen und Psychoedukationen unterstützt werden, um ihre Ressourcen besser auszuschöpfen, sich ein tragfähiges soziales Netz zu knüpfen und weitere Copingstrategien zu etablieren. Weiterhin bieten Mindfulness-Übungen die Möglichkeit, im Alltag für Entspannung zu sorgen. Mit dem Stress- und Coping-Inventar (SCI) gibt es ein gutes Instrument zur Messung des Stress- und Coping-Verhältnisses. Tagebücher bieten Angehörigen die Möglichkeit, den Alltag in Zusammenarbeit mit dem Behandelnden zu reflektieren.
Welche Diagnostiktools können Begleiterscheinungen erfassen?
Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen neigen häufig gleichzeitig zu einer Reihe weiterer psychischer Begleitstörungen wie übergroße Befürchtungen, Phobien, Schlaf– und Essstörungen. Auch in diesen Bereichen können digitale Testverfahren und Psychoedukationen einen Lösungsansatz bieten.
Wie können Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen von Online-Behandlungen profitieren?
Viele Übungen und Module, die die individuelle Selbstwirksamkeitserwartung stärken, eignen sich auch, um konstruktive und verlässliche Routinen zu entwickeln. Auch wenn diese Items ursprünglich zur Behandlung von Depressionen, Schlaf-, Angst- oder Zwangsstörungen konzipiert wurden, können genauso Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen durch die regelmäßige Anwendung profitieren, indem sie eigene Stärken erkennen und hilfreiche Handlungsschemata üben. Insbesondere bei vorliegenden Begleiterscheinungen ist der Einsatz solcher Module eine gute Behandlungsergänzung, um Patienten und ihre Angehörigen selbstbestimmt einzubeziehen und ihnen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Je nach Schweregrad der autistischen Störung benötigen Menschen aus dem autistischen Spektrum Unterstützung von Angehörigen, Behandelnden oder Bezugsbetreuern in der Handhabung dieser digitalen Werkzeuge. Diese Einbindung lässt sich digital sehr leicht ermöglichen.
Wie kann ich die aufgeführten Inhalte testen?
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Anregungen erwünscht
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